Montag, 1. Dezember 2014

BURMA - Damentag in Bagan

Damentag in Bagan

November 2014. Ich habe die Ehre, zwei Journalistinnen (Reiseredaktion Kurier und Krone) die Höhepunkte Myanmars/Burmas zu zeigen. Nach Besichtigung von Yangon (mit ausreichender Ehrfurcht vor der riesigen goldenen Shwedagon-Pagode) und Kurzaufenthalt in der neuen Hauptstadt Nay Pyi Taw samt 40-minütigen Gespräch mit dem Tourismusminister (mit wachsender Ehrfurcht vor den professionellen Aktivitäten des staatlichen und privaten Tourismussektors) sind wir nun heute in Bagan. Unvergleichliches Weltwunder, unzählige Pagoden. Vormittags waren wir in der archäologischen Zone von Alt-Bagan und im Stadtteil Nyang U. Zur Abwechslung habe ich mit meinen Damen neben Pagoden und Pagoden auch einen bunten Markt besucht. Danach mit der Ananda-Pagode das wahrscheinlich außergewöhnlichste Tempelensemble mit mystischen Buddha-Korridoren und vier 10m hohen Statuen des Erleuchteten.
   
Nachmittags befinden wir uns etwas südlich, nahe dem Dorf Myinkaba. Hier ragen zwei dicht nebeneinander stehende Pagoden unübersehbar aus den Baumwipfeln. Ein Ziegelbau und eine Anlage mit großem goldenen Stupa. Guide Nyan will uns das von außen unscheinbarere, aber wegen seiner Wandmalereien berühmtere Bauwerk, die  Gub Yauk Gyi  zeigen. 


Aber irgendwie stimmt etwas nicht. Uns kommen verunsichert, unzufrieden dreinblickende Besucher entgegen. Und ab der nächsten Ziegelmauer geht’s nicht mehr weiter. Erst jetzt bemerken wir den roten Teppich und ein paar unauffällige Sicherheitsleute. Hoher Besuch wird erwartet, nett bis höflich aber bestimmt werden wir zur Seite komplimentiert. Die Gub Yauk Gyi ist eine der Pagoden des Damenprogramms anläßlich des zur Zeit in Burmas Hauptstadt stattfindenden ASEAN Gipfels. Während die Herren fleissig tagen, machen ihre Gattinnen in Kulturgeschichte. Einige Besucher stehen herum und sind in freudiger Erwartung. Wir aber sind flexibel und nützen die Möglichkeit, den sonst vernachlässigten Nachbar Myazedi, die “Jadepagode”, zu besichtigen.

Dadurch komme ich auch zu zwei unerwarteten Errungenschaften: ich finde die berühmten Myazedi-Steinsäulen mit den ältesten Inschriften Myanmars in vier Sprachen. Und um vier Dollar erstehe ich wieder einmal eine (die wievielte eigentlich?) Lackschale. Wieder einmal, weil die junge Verkäuferin freundlich, burmesisch-charmant ist und das Handeln mit ihr einfach Spaß macht.

IBF
Als wir hier fertig sind, haben auch die ASEAN-Ladies ihre Sonderführung beendet, kommen gerade aus dem Pagodentor. Ich erkenne Frau Ban, die Gattin des früheren südkoreanischen Botschafters in Wien und heutigen UN-Generalsekretärs. Ich komme mit zwei jungen deutschen Rucksacktouristinnen ins Gespräch und kann Sie leicht überzeugen, dass die nette, ältere, grauhaarige Dame, die wir gerade zusammen gesehen haben, die Gattin des UNO-Chefs Ban Ki-moon ist und natürlich Ban Ki-sun heißt. Tja, reisen bildet. Das denken auch die prominenten Damen und brettern weiter zur nächsten Pagode, begleitet von einem Konvoi aus Polizei und schwarzen, unauffälligen SUVs.


Für mich als einfachen Stadtbub ist es nicht leicht, innerhalb von zwei Tagen mit so viel Prominenz in engsten Kontakt zu kommen. Gestern der Tourismusminister Myanmars, Obama knapp verpasst, und nun Frau Sun und die ASEAN-Prinzessinen. Gerührt küsse ich den roten Teppich, über den gerade zuvor deren blanke Füßchen (alle burmesischen Pagoden dürfen nur ohne Schuhe betreten werden), auch die von Madame Ban Soon-taek, geschwebt sind.

IBF

Die Gub-Pagode haben wir uns dann natürlich auch noch angesehen. Und danach den Thatbyinnyu. Und die Sulamani-Pagode. Als wir deren Wandelgang und die Buddha-Altarnischen verlassen, habe ich schon meine nächste Damenbegegnung. Niemand kümmert sich um das nicht mehr ganz rüstige Weibchen vor mir, das sichtlich mit dem Weg kämpft. Ich bin spirituell dermassen erfüllt, buddhagleich voll Liebe und Mitgefühl, dass ich sie frech umarme und ihr über die Stiegen helfe. Mein Lohn: gutes Karma und ein sympathisches Einzahn-Lächeln.
IBF
Die Sonne steht schon tief, höchste Zeit, unsere nächste Pagode anzufahren. Wir wollen Sie – Geheimtipp – zum Sonnenuntergang besuchen, da sich von ihrer Spitze die zahlreichen in der untergehenden Sonne leuchtenden Ziegelpagoden am eindrucksvollsten betrachten lassen. Das wäre laut Experten- und Reiseführer-Empfehlung die große Shwesandaw-Pagode, mit der Stupa der goldenen Haarreliquie Buddhas. Das wissen offensichtlich nun so viele Insider, dass wir wegen zu erwartenden Gedränges und Überfüllung eine Ersatzpagode suchen müssen. Nyan schlägt mit dem Schmunzeln der Kompetenz den nahen Pyathada-Tempelkomplex vor.

Bei der Zufahrt erkennen wir einen massiven, in der Sonne orange leuchtenden Ziegelsockel, der nur eine kleine Pagodenspitze hat. Dadurch ergibt sich oben ein großes Plateau, von dem die Besucher (also wir und ein paar andere) natürlich einen tollen Blick über die Landschaft, die unzähligen Pagoden, zum Ayeryawady und auf die bald hinter den Bergen untergehende Sonne haben werden.



Bei der Zufahrt erkennen wir aber auch zahlreiche parkende Busse, Minivans, Mopeds und Fahrräder. Beim Aussteigen, mangels ausreichender Parkplätze im Feld, höre ich plötzlich Schnulzgesang. Mitten in der Wiese wird Klavier gespielt, ein Mann mit Hut singt dazu mit lässigen Gesten, ein bißchen asynchron. Beim neugierigen Nähern merke ich, es sind Filmaufnahmen. So komme ich neben einem exklusiven Sonnenuntergang auch zu meinem ersten eigenen (natürlich verwackelten) Musikvideo  >>> Später höre ich, ich bin Zaw Paing begegnet. Dem Zaw Paing, bei dem die jungen burmesischen Mädels ins Kreischen kommen (noch eine Chance, das Musikvideo zu sehen  >>> Zaw Paing!!!). Ich fange auch fast zu kreischen an, als ich dann den ersten richtigen Blick zur Plattform der Pagode richte. Hier warten rund zweihundert Besucher im gelb-orangenen Licht auf ihr individuelles Sunset-Erlebnis. Oder sind das alle Zaw Paing-Fans?

    

Der Ausblick gehört dann für uns alle zu einem der unvergesslichen Erlebnisse.


     

Wenn alle Sonnenuntergangsanbeter auf einmal das Pagodendach verlassen möchten, kann es ganz schön eng und gefährlich werden. Die Stiegen sind schmal, steil, es gibt kein schützendes Geländer. Besonders die chinesischen und spanischen Besucher haben es sehr eilig und drängen wie verrückt. Kein positiver Abgang, das muß ich dem Minister schreiben.

Abends sitze ich an der Poolbar unseres Boutique-Hotels bei einem Glas Aythaya (burmesischer Cuvee aus Shiraz und Cabernet Sauvignon, von dem wir noch viel hören werden). Sehr positiver Abgang, das muß ich dem Minister schreiben. Ich ignoriere die vier lauten spanischen Touristinnen nebenan (zwei drängen schon wieder), kann mich sogar an die eine oder andere Pagode erinnern. Bin mir nicht sicher, ob der Sonnenuntergang heute oder doch der 2001 (da waren wir nur sechs Personen und eine Flasche Sekt auf dem Pagodendach) der schönere war. In dieser besinnlichen Stimmung werde ich von den beiden sehr scheuen Kellnerinnen angesprochen. Sie können die nächste Flasche (oh, ich habe noch ein Glas bestellt) nicht öffnen, sind mit dem hochtechnischen Korkenzieher nicht vertraut. Urlieb, gerne helfe ich. Offensichtlich so gut, dass ich später auch noch eine Flasche Weißwein für sie öffnen darf.

Am Ende des Tages und gegen Ende des Glases stelle ich überrascht fest, dass ich heute eigentlich nur mit Frauen gesprochen habe. Mein Damentag in Bagan. 


Kommentare, Anregungen, eigene Erfahrungen, Vorschläge, Reiseanfragen etc. sind willkommen!  tretenhahn@eastlink.at

Danke für die drei mit IBF gekennzeichneten Fotos an Ingrid Bahrer-Fellner, Reisegefährtin und Chefin der KURIER Reiseredaktion.  Hier gehts zu ihrem Reisevideo (auf Youtube KURIER)  >>>

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