Dienstag, 2. Dezember 2014

SRI LANKA - Kandy und "Buddhas Beisserchen"

29.Oktober 2012
Auf dem Weg zum Zahntempel in Kandy. Wir haben die Sicherheitsschleuse passiert, gleich werden wir unsere Schuhe abgeben und uns in den Strom der weissgekleideten Pilger einreihen. Die heiligen Fahnen und die Regenschirme sind vorerst die einzigen Farbtupfer im warmen Regen. Sunil, unser Guide, erklärt uns kompakt Bauwerk, Geschichte und Gegenwart und wie Buddhas Zahn hierher kam.
Vorerst noch ein Schwenk weiter nach Südosten, nach Singapur. Im 3. Stock des Buddha Zahnreliquien-Tempel&Museums, unter einer roten Lotus-Decke mit vielen Abbildungen des Erleuchteten, befindet sich ein goldener, pagodenförmiger Schrein. Darin befindet sich ein Zahn Buddhas. Viele Gläubige kommen zwischen täglichen Trommel- und Glocken-Zeremonien, um Glück und Gesundheit zu erbitten und ihr Karma zu mehren. Durch Beten und durch Spenden, die im Hightech-Stadtstaat natürlich auch online möglich sind.

Die Geschichte (Legende) dieses Buddha-Zahns beginnt in Sri Lanka, frühe Hochburg des Buddhismus (was wir in den vergangenen Tagen unserer Rundreise sehr eindrucksvoll sehen konnten), von wo er als Geschenk und um die sich ausbreitende Religion zu fördern, ins alte Burma, nach Bagan gebracht wurde (so ähnlich, aber mit mehr Zwischenstationen und Durcheinander, erging es auch dem heiligen Smaragd-Buddha, der heute in Bangkok angebetet und bewundert wird). Wo der Zahn seine Wurzeln hat und wie er in Indien extrahiert wurde und nach Sri Lanka kam, verschweigen die alten Geschichten. Die jüngste Geschichte war in der “Süddeutschen” unter dem fast unreisserischen Titel “Buddhas Beisserchen” zu lesen. Der Zahn wurde erst 1983 wieder gefunden, dann einem Mönch aus Singapur übergeben. Dieser errichtete mit Millionen an karmapositiven Spendengeldern den Tempel in Chinatown. Und muss sich jetzt gegen Vorwürfe, der 7,5 cm grosse Zahn stamme von einem Wasserbüffel, wehren.

Nun noch ein Hupfer nach Norden, auf die Hongkong-Insel Lantau. Hier sitzt seit 1993 neben dem Po Lin-Kloster (EASTLINK-Empfehlung) ein riesiger, 34 Meter hoher, bronzener Buddha. Im 3.Stock der angeschlossenen Hallen befinden sich zwei Buddha-Reliquien, die als Geschenk ebenso von Sri Lanka nach Hongkong gebracht wurden. Sie sind nicht größer als ein Reiskorn (keine Zahnplomben, sondern angeblich Knochensplitter). Auf der Homepage des Klosters finde ich die erstaunliche Information, dass nach der Feuerbestattung von Buddhas Körper (480 v.Chr.) über 84 000 Teilchen in der Asche zurückblieben (ich lerne weiter: die bei der Verbrennung kristallisierten Rückstände heissen in Sanskrit “Sarira”). Ich habe damit auch die Erklärung, wieso ich auf meinen zahlreichen Reisen kreuz und quer durch Asien so viele Reliquienschreine sehen konnte (ob sie nun Pagode, Stupa, That, Dagoba, Paya, Chedi oder Chörten heissen…).


Hier im Dalada Maligawa-Tempel in Kandy ruht der rechte Backenzahn Buddhas stiegensteigenfreundlich bereits im 2.Stock, auch in einer goldenen Mini-Stupa. Auch hier ist er Ziel höchster Verehrung und Anbetung.
    
Er blieb nach Gautama Buddhas Einäscherung vorerst in Indien, als aber dort der Hinduismus immer dominanter wurde, brachte eine Prinzessin den heiligen Zahn, versteckt in einer Haarspange, nach Sri Lanka. Er wechselte seinen Standort entsprechend den Verlegungen der Hauptstadt. Von Anaradhapura nach  Polonnaruwa, von Damabadenya nach Kandy, wo er seit 1592 seinen endgültigen Platz gefunden hat. Bei intensiven Forderungen nach Auslieferung des Buddha-Zahns (ob nun in friedlich-religiöser oder kriegerischer Absicht) übersandten die schlauen, singhalesischen Könige einfach Zahnkopien. Zum Beispiel an den burmesischen König Annurudha (siehe Wasserbüffel), zum Beispiel an den Mongolenherrscher Kublai Khan. Auch die spätere britische Kolonialmacht musste Kult und Macht des Backenzahns anerkennen. 1948 wurde Sri Lanka unanbhängig, Hauptstadt wurde Colombo. 

Kandy ist mit dem Zahntempel (seit 1988 sogar UNESCO-Weltkulturerbe >>>) weiterhin unumstrittenes, religiöses Zentrum. Täglich wird die Schreinkammer drei Mal je eine Stunde geöffnet. Im Sommer jeden Jahres finden beeindruckende und prunkvolle Prozessionen (Peraheras) zu Ehren des heiligen Zahns statt. Mit Trommeln und Gesang, Tanz und Feuer, führt ein illuminierter (nein, nur mit vielen Lichtern behangener) Elefant den mit Girlanden geschmückten, goldenen Dentalschrein durch die Strassen Kandys. >>>   Jumbo Illuminato ab Minute 06:00

Im September 2013 waren es bereits 30 Jahre, dass die von japanischen Mönchen errichtete und gestiftete Friedens-Pagode am Wiener Donauufer eingeweiht wurde. Weniger bekannt dürfte sein, dass es im 23. Bezirk eine weitere, kleine Pagode gibt, die nach dem Vorbild der 108 Chörten auf dem Dochu La-Pass in Bhutan gebaut wurde. Sie wurde von der Österreichisch-Bhutanischen Freundschaftsgesellschaft gestiftet. Sarira-Details bzw. Näheres über einen von Sri Lanka über Bhutan nach Wien gekommenen Stiftzahn sind mir bis jetzt nicht bekannt, aber die Reliquie im Inneren des Stupas wirkt: Liesing wurde seit Jahren nicht feindlich angegriffen und ist bisher auch vom Parkpickerl verschont geblieben.

Kommentare, Anregungen, eigene Erfahrungen, Vorschläge, Reiseanfragen etc. sind willkommen!  tretenhahn@eastlink.at

1 Kommentar: